Die der Fußball-Heim-EM ist nun wieder fast vorbei. Bisher macht das Turnier einen vielversprechenden Eindruck: Es gab schöne Fanmomente, atemberaubende Tore, vielversprechende Talente und viele denkwürdige Szenen. Besonders in Erinnerung bleibt ein kleiner besonderer Fan. Während des Spiels zwischen Portugal und der Türkei rannte ein kleiner Junge auf den Rasen, um ein Foto mit seinem Idol Cristiano Ronaldo zu machen. Das Foto verbreitete sich viral im Internet. Dass der kleine Junge keine rechtlichen Konsequenzen zu erwarten hat, da er wahrscheinlich noch nicht strafmündig ist, dürfte den meisten klar sein. Doch durch diesen Vorfall und andere Vorkommnisse von Flitzern während dieser EM stellen sich mir als Anwalt aus Hannover nun häufiger Fragen zur rechtlichen Einordnung des Flitzens. Dies möchte ich als Strafverteidiger in Hannover im heutigen Beitrag genauer erläutern.
Was ist ein Flitzer?
Flitzer sind Personen, die bei öffentlichen Veranstaltungen oder auf Plätzen durch ihre Erscheinung, oft ganz oder teilweise unbekleidet, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Besonders bekannt wurden sie durch große Sportevents, wo ihre Auftritte in TV-Übertragungen eine weitreichende Aufmerksamkeit erlangen können. Einige Flitzer verfolgen dabei politische oder andere Botschaften, während es anderen um Selbstdarstellung, Aufmerksamkeit oder Provokation geht. Große Sportverbände drängen Fernsehsender oft dazu, Flitzer möglichst nicht zu zeigen, um den Anreiz solcher Aktionen in der TV-Berichterstattung zu minimieren.
Strafbarkeit?
Als Anwalt für Strafrecht kommen mir 3 Tatbestände in den Sinn die theoretisch durch das Flitzen verwirklicht werden könnten.
§ 123 StGB Hausfriedensbruch
Wegen Hausfriedensbruchs macht sich gemäß § 123 Abs. 1 StGB strafbar, wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt.
Wird einem Fan ein Stadionverbot erteilt, und betritt er dennoch zukünftig das Stadion, macht er sich wegen Hausfriedensbruchs strafbar. Denn das Stadion stellt sogenanntes „befriedetes Besitztum“ dar. Hiervon sind insbesondere Personen betroffen, die bei vorherigen Fußballspielen negativ aufgefallen sind.
§ 123 StGB sieht somit grundsätzlich zwei Arten der Begehung eines Hausfriedensbruchs vor: Zum einen das vorsätzliche widerrechtliche Eindringen in die Räumlichkeiten eines anderen und zum anderen ist das Sich-nicht-Entfernen nach Aufforderung des Berechtigten.
§ 183 StGB Exhibitionistische Handlungen
Als Anwalt für Strafrecht möchte ich Missverständnisse bezüglich des rechtlichen Begriffs Exhibitionismus aufklären. Oft wird dieser Begriff falsch verstanden. Um zu verstehen, wann exhibitionistische Handlungen strafrechtlich relevant sind, ist es wichtig, die gesetzlichen Grundlagen zu kennen. Nach § 183 StGB kann Exhibitionismus nur von Männern begangen werden. Frauen können sich nach geltendem Recht nicht nach diesem Paragrafen strafbar machen. Ein Mann macht sich strafbar, wenn er sein Geschlechtsteil auf eine Weise zeigt, die eine andere Person belästigt. Entscheidend für die Strafbarkeit ist dabei, dass die Handlung als belästigend empfunden wird. Fehlt dieser belästigende Charakter, etwa wenn die andere Person die Handlung nicht als störend empfindet oder sogar amüsant findet, liegt höchstens ein strafloser Versuch vor und das Strafverfahren wird eingestellt. Es ist wichtig zu verstehen, dass exhibitionistische Handlungen nicht automatisch strafbar sind; ihre Strafbarkeit hängt von der Wahrnehmung und der Reaktion der betroffenen Person ab. Nicht jede Handlung, die als exhibitionistisch betrachtet werden könnte, führt daher zu einer rechtlichen Verfolgung. Um den juristischen Rahmen des Exhibitionismus vollständig zu verstehen, ist es entscheidend zu klären, was genau unter einer exhibitionistischen Handlung zu verstehen ist. Eine strafbare exhibitionistische Handlung erfordert spezifisch das Zeigen des männlichen Genitals. Andere Formen des Entblößens oder Zeigens fallen nicht unter diesen Straftatbestand. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Penis in erigiertem Zustand gezeigt wird; allein die Sichtbarkeit genügt, sofern die weiteren Kriterien erfüllt sind. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Absicht des Täters, sich sexuell zu erregen oder zu befriedigen durch das Zeigen seines Geschlechtsteils. Zudem muss die Handlung visuell und zeitgleich von einer anderen Person wahrgenommen werden können.
Ein Stadionflitzer macht sich konkret strafbar nach § 183 StGB, wenn er während eines Spiels sein männliches Genital zeigt und diese Handlung von einer anderen Person als belästigend empfunden wird. Dabei ist entscheidend, dass der Flitzer die Absicht hat, sich sexuell zu erregen oder zu befriedigen durch das öffentliche Zeigen seines Geschlechtsteils. Die Belästigung muss so empfunden werden, dass sie über bloßes Erstaunen oder Amüsement hinausgeht. Wenn die gezeigte Handlung nicht als belästigend empfunden wird oder lediglich als amüsant angesehen wird, könnte höchstens ein strafloser Versuch vorliegen, was zur Einstellung des Strafverfahrens führen könnte. Somit hängt die Strafbarkeit des Exhibitionismus durch einen Stadionflitzer von der spezifischen Wahrnehmung und Reaktion der betroffenen Personen ab.
Unsere Strafverteidigerkanzlei in Hannover verfügt über umfassende Expertise im Bereich des Sexualstrafrechts und unterstützt Mandanten mit großer Entschlossenheit. Wenn Sie mit Vorwürfen des Exhibitionismus konfrontiert sind, stehen wir Ihnen mit unserer langjährigen Erfahrung zur Seite. Als Kanzlei für Strafrecht in Hannover entwickeln wir eine individuelle Verteidigungsstrategie, um das Verfahren zu klären.
Nach einem Flitzen wird oft ein Stadionverbot ausgesprochen, daher gehe ich als Anwalt für Strafrecht genauer darauf ein. Ein Stadionverbot untersagt einem Fan den Zutritt zu Sportveranstaltungen, entweder regional oder bundesweit. Sobald ein Stadionverbot durch den Verein oder den Deutschen Fußball Bund (DFB) ausgesprochen wird, machen diese von ihrem Hausrecht Gebrauch und verbieten dem Betroffenen den Zutritt zu zukünftigen Veranstaltungen.
Fazit
Flitzen bei öffentlichen Veranstaltungen wie Sportevents kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Relevant sind Tatbestände wie Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) und exhibitionistische Handlungen (§ 183 StGB). Wenn Sie mit Vorwürfen dieser Art konfrontiert sind, kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt für Strafrecht.
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