Lange Zeit war es umstritten, ob die Vorlage eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke zur Ausstellung eines digitalen EU-Impfzertifikats als Urkundenfälschung gilt oder nicht. Genau dies ist durch eine Gesetzesänderung zum 24.11.2021 unter Strafe gestellt worden. Klarheit herrschte damit allerdings erstmal nur bei Taten, die sich ab dem 24.11.2021 ereignet haben. Wie die Rechtslage bei Taten vor diesem Zeitraum zu beurteilen ist, blieb nach wie vor unklar.
Nun hat aber das Oberlandesgericht Celle klare Stellung zur Rechtslage vor dem 24. November 2021 bezogen. Die wesentlichen Inhalte des Urteils fasse ich für Sie in diesem Beitrag als Strafverteidiger in Hannover zusammen.
Was galt nach der alten Rechtslage?
Nach der alten und der für das dem OLG vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage war für den Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse gemäß § 279 StGB Voraussetzung, dass ein Gesundheitszeugnis zur Täuschung einer Behörde oder Versicherung eingesetzt wurde. Apotheken fielen allerdings gerade nicht darunter, weshalb einige Gericht zu dem Ergebnis kamen, dass das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke nicht strafbar ist. Zudem scheide auch eine Strafbarkeit nach dem allgemeineren Tatbestand der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB aus, da der Tatbestand bereits durch den spezielleren § 279 StGB abschließend erfasst sei.
Was sagt das neue Urteil des OLG Celle?
Der Senat schloss sich der bereits von den Oberlandesgerichten Hamburg und Stuttgart vertretenen Gegenauffassung an. So stellt das OLG Celle zunächst klar, dass auch vor dem 24.11.2021 ein Gebrauchen einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB und damit eine Urkundenfälschung vorliegt. Ein vollständig ausgefüllter Impfpass sei nämlich durchaus eine verkörperte Gedankenerklärung, die den erklärenden Impfarzt als Aussteller erkennen lässt und bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen.
Die Vorschrift der Urkundenfälschung gem. § 267 StGB würde auch nicht durch die speziellere Norm des § 279 StGB verdrängt werden. Das OLG Celle vertritt die Ansicht, dass der Täter durch § 279 StGB im Vergleich zu § 267 StGB nicht begünstigt wird und daher eine die Verurteilung wegen Urkundenfälschung gerade nicht gesperrt sei.
Hierbei verweist das OLG Celle insbesondere auf den fehlenden Privilegierungswillen des historischen Gesetzgebers: Diesem sollen bei Einführung des § 267 RStGB die Vorschriften über die Gesundheitszeugnisse aus dem Blick geraten sein.
Fazit
Aufgrund des neuen Urteils des OLG Celle vom 13.06.2022 ist davon auszugehen, dass sich die Gerichte – zumindest in Niedersachsen – der genannten Rechtsauffassung anschließen werden. Es liegt daher nahe, dass in anhängigen Verfahren das Vorlegen eines gefälschten Impfasses bei einer Apotheke auch vor dem 24.11.2021 als Urkundenfälschung gewertet werden wird.
Ihr Rechtsanwalt Strafrecht Hannover – Isik