Als Strafverteidiger aus Hannover erlebe ich täglich die verschiedensten Herausforderungen, mit denen meine Mandanten konfrontiert sind. Nicht selten geht es um Rechtsfragen, wie beispielsweise zu Zeiten von Corona, als man Rechtsunsicherheiten hatte bzgl. der anzuwendenden Vorschriften. Spätestens mit dem Urteil des BGH vom 10.11.2022, Az. 5 StR 283/22, dürfte diese Frage nun aber endgültig geklärt sein.
Eine aktuelle besonders problematische Regelung betraf den Kinderpornografie-Straftatbestand im § 184b des Strafgesetzbuches, der von der Großen Koalition verschärft wurde. Als die Ampelkoalition ankündigte, dieses fehlerhafte Gesetz zu überarbeiten, war dies ein Lichtblick für viele, die unter den Auswirkungen dieser Regelung litten. Ein mahnendes Beispiel für die Problematik des Tatbestand des § 184b StGB ist der Fall des Vater eines Jungen, der in den sozialen Medien (Stichwort: Kinderpornografie What´s App Status) ein altes Kinderfoto seines Sohnes, auf dem dieser nackt zu sehen war, als Statusbild bei WhatsApp einstellte. Die Folge dieses Bildes waren Polizeiermittlungen und ein Verfahren wegen Verbreitung von Kinderpornografie. Grund ist die im Jahr 2021 von der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD beschlossene Verschärfung des Straftatbestands § 184b StGB, in dem die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz kinderpornografischer Inhalte als Verbrechen eingestufte wurde. Dies hat in rechtlicher Hinsicht zu bedeuten, dass der Strafrahmen bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr beginnt. Diese Änderung führte – wie das Beispiel des Vaters und des Bildes seines Sohnes im What´s App Status zeigt – jedoch zu unerwarteten Problemen, welches ich als Rechtsanwalt für Kinderpornografie in der Praxis regelmäßig erlebe.
Die Kritik an der ursprünglichen Verschärfung bezog sich nicht nur auf die unverhältnismäßig harten Strafen, sondern auch auf prozessuale Probleme. Durch die Heraufstufung zum Verbrechen wurde der Staatsanwaltschaft flexible Instrumentarien entzogen, wie z.B. die Möglichkeit, das Verfahren einzustellen. Auch ermangelt der Tatbestand – derzeit noch – eines minder schweren Falles, sodass sämtliche Fälle derzeit noch mit einer Mindeststrafe von 1 Jahr bestraft werden. Als Strafverteidiger in Hannover weise ich – gerade in Fällen wie dem obigen Beispiel – auf die Wertungswidersprüche hin, da der Besitz kinderpornografischer Schriften härter bestraft wurde als beispielsweise gefährliche Körperverletzungsdelikte (Mindeststrafe 6 Monate bzw. 3 Monate im minder schweren Fall).
Die Neuregelung führte somit zu der absurden Situation, dass Lehrer, Eltern oder andere Aufsichtspersonen, die kinderpornografisches Material im Rahmen Ihrer Arbeit gefertigt hatten, strafrechtlich verfolgt werden konnten, selbst wenn es ihnen nicht um den Besitz des inkriminierten Inhalts ging. Eltern liefen Gefahr, sich strafbar zu machen, wenn sie kinderpornografische Inhalte auf den Handys ihrer Kinder entdeckten und sie aus Sorge oder zur Warnung an andere Eltern weiterleiteten.
Die Ankündigung des Bundesjustizministers Marco Buschmann, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Mindeststrafen reduziert und die Tatbestände wieder zu Vergehen herabstuft, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Prozessprobleme und die unverhältnismäßig harten Strafen in den besonderen Fällen werden somit hoffentlich bald der Vergangenheit angehören.
Als Anwalt für Kinderpornografie in Hannover habe ich persönlich Mandanten vertreten, die sich aufgrund dieser Gesetzesänderung strafbar gemacht hatten, ohne sich über die inkriminierten Dateien Gedanken zu machen. Die Überarbeitung des Gesetzes ist nicht nur eine politische Entscheidung, sondern auch eine dringend notwendige Maßnahme zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit und Praxistauglichkeit. Die geplante Gesetzesänderung ermöglicht den Strafverfolgungsbehörden eine angemessenere Reaktion in Fällen, in denen der Vorwurf am unteren Rand der Strafwürdigkeit liegt.
Die von der Expertenmeinung nahezu einhellig kritisierte Regelung wurde nun von der Ampelkoalition überarbeitet. Der vorliegende Referentenentwurf des BMJ sieht vor, die Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches zu reduzieren und die Tatbestände wieder zu Vergehen herabzustufen. Die Höchstfreiheitsstrafe für schwerwiegendere Fälle bleibt jedoch bestehen. Eine aus meiner Sicht als Strafverteidiger in Hannover richtige Entscheidung. Denn viele Eltern Fragen sich bei dem Vorwurf der Kinderpornografie – was tun?
Trotz der breiten Zustimmung für die Gesetzesänderung, die auch von Experten und Fachverbänden begrüßt wird, war die Bearbeitung des Gesetzentwurfs zeitweise zögerlich. Intern wurde darauf hingewiesen, dass das Thema politisch heikel sei. Die Landesjustizminister betonten jedoch die Dringlichkeit der Korrektur, da die bisherige Regelung zu einer Stigmatisierung von Schülern, Eltern und Lehrern als potenzielle Verbrecher führte, was ich als Anwalt für Sexualstrafrecht im Übrigen genauso sehe.
In Hannover und darüber hinaus ermutige ich als Rechtsanwalt für Sexualstrafrecht jeden, der sich mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert sieht, sich zu melden. Als Strafverteidiger Hannover berate und vertrete ich regelmäßig Mandanten bei dem Vorwurf der Kinderpornografie. Die geplante Gesetzesänderung gibt Anlass zur Hoffnung auf eine faire und ausgewogene Handhabung für die untypischen Fälle.
Foto: AdobeStock: 99800276 - redaktion93